Heute Nacht habe ich mal wieder von meinem Freund und mir geträumt. Wir waren irgendwo am Reisen und sind auf ein anderes Pärchen gestoßen, das nur noch gestritten hat und uns mitleidig belächelte und sagte: „Wir waren auch mal so verliebt wie ihr, aber glaubt uns, irgendwann hört das auf!“
Aber ich will nicht das dieses Gefühl jemals aufhört!
Wir führen eine Fernbeziehung und das von Anfang an. Wir hatten noch nie den Luxus (oder auch das ‘Problem‘), dass man ‚mal eben schnell‘ zum anderen fahren kann, sich schnell wegen alltäglichen Dingen streitet oder nicht richtig kommuniziert, weil wir uns das schlichtweg nicht leisten können. Und das meine ich nicht nur finanziell gesehen sondern vor allem auf einer respektvollen kommunikativen Ebene. Die wenige Zeit, die wir miteinander haben verbringen wir lieber konstruktiv und nutzen sie bestmöglich.
Freunde und völlig Fremde haben mich immer gefragt, wie ich das denn geschafft habe, und mir gleichzeitig erzählt, dass sie das ja nie könnten. Etwas besonderes machen wir eigentlich nie. Wir ticken auch gleich, auch wenn wir nicht physisch zusammen sind, denn in Kontakt sind wir eigentlich den ganzen Tag. Da es immer noch Versuche von Zeitschriften und Fernsehen gibt die ultimativen Regeln für eine funktionierende Fernbeziehung aufzustellen, möchte ich einmal meine Erfahrungen teilen. Das alles hat sich so entwickelt, nichts haben wir wirklich geplant. Es gibt kein Geheimnis; das einzige, was stimmen muss, ist der Partner.
Eine Fernbeziehung ist auch nur eine Beziehung
Das erste, was mich immer am meisten nervt, sinddie Zweifel ob das nun überhaupt eine Beziehung ist. „Ich hätte lieber eine richtige Beziehung.“ Meiner Meinung nach ist eine Fernbeziehung genauso „richtig“ wie eine Nahbeziehung, so dass ich den Ausdruck „Fernbeziehung“ an sich schon ein wenig überflüssig finde. Die Liebe ist echt, genauso wie der Wunsch zusammen zu sein und sein Leben zu teilen. Trotzdem muss nicht jeder eine Fernbeziehung wollen, das ist wohl klar. Nur andere schlecht machen geht einfach gar nicht.
Sich nichts von anderen reinreden lassen
Das Wichtigste ist, dass man sich nicht von anderen erzählen lässt, wie seine Beziehung zu funktionieren hat. Eines der häufigsten Fragen, die man so im Internet liest, ist, ob man nicht Angst hat, dass der Partner fremd geht, wenn man sich so selten sieht. Ich sehe da jetzt keine größere „Gefahr“ als bei anderen Paaren. Wenn ich glaube, dass man mir fremd geht, ist es eventuell nicht der Richtige. Vertrauen ist nun mal Grundlage jeder Beziehung. Knapp danach kommt dann die Frage, ob so eine Beziehung nicht albern ist, immerhin gibt es auch hier genug Kerle. Ich allerdings habe keine Beziehung, um eine Beziehung zu haben, sondern weil ich eine Beziehung mit genau ihm haben will. Für mich geht es um Liebe und nicht nur darum, nicht einsam zu sein.
Und jetzt an alle, die denken, sie würden damit helfen – zu sagen, dass eine Fernbeziehung ja so romantisch sei, immerhin freut man sich dann mehr aufeinander, ist totaler Quatsch. Das ist nur unnötiges romantisieren und nervt die Beteiligten im allgemeinen nur unglaublich. An dem ewigen Vermissen war ist für mich nichts romantisches, es ist nur mit viel Schmerz und Tränen verbunden.
Planung
Sicher der nervigste Punkt. Man muss immer voraus planen. Ich habe die Rhythmen mittlerweile drauf. Teilweise überlegen wir uns schon Wochen vorher, wann wir uns sehen können. Aber die Fahrt ist das schlimmste, lang und unbequem. Immerhin wollen wir noch etwas voneinander haben und mit der Fahrt geht jedesmal der halbe Tag dafür drauf.
Am Ende muss man sich entscheiden, wie man seine Prioritäten setzt. Das gilt dafür, wie man seine Zeit nutzen möchte. Und auf gar keinen Fall sollte man auf andere hören, die einen sagen wollen, wie oft und wie lange man sich aber sehen muss.
Eine weitere Sache ist, dass man seine gemeinsame Zeit nicht überplanen sollte. Klar will man alles auf einmal machen, Essen gehen, ins Kino, am liebsten drei Dates pro Tag haben, aber eine Reise ist immer anstrengend. Genauso schön wie ein Kinobesuch kann auch ein gemütlicher Couchtag sein. Man sollte sich zu nichts zwingen, weil man denkt man müsse jetzt viel unternehmen, sondern die gemeinsame Zeit einfach nur schön gestalten und sich freuen, dass man wieder bei einander ist.
Irgendwann sollte man aber auch über die Zukunft reden und planen, wo das ganze hinführen soll.
Spontanität
Klingt erstmal absurd, ist aber machbar. Manchmal läuft man Gefahr zu sagen: „Aber wir haben das doch jetzt gar nicht geplant.“ Dabei sollte man es einfach mal versuchen. So war mein Freund zum Beispiel einmal spontan vor meiner Tür und hat mich getröstet als ich ihm 5 Stunden zu vor geschrieben habe dass es mir nicht gut geht. Es ist also möglich, bedingt. Auch kann man einfach mal den Besuch auf sich zu kommen lassen ohne vorher einen Plan zu machen. Zu Anfang hatte ich mir immer noch genau überlegt, was wir machen könnten, aber mit der Zeit wurde das immer weniger und am Ende haben wir dann einfach das gemacht, worauf wir eben gerade Lust hatten, von nichts bis zum Tagesausflug mit dem Auto ins Unbekannte. Spontanität greift aber auch auf andere Bereiche. So sind mein Freund und ich nicht die größten Fans vom telefonieren, aber ab und an macht ein spontaner Anruf wirklich Spaß!
Entwicklung von Ritualen
Eigentlich müsste es heißen Rituale entwickeln lassen. Niemand setzt sich hin und denkt sich, dass es jetzt aber cool wäre, wenn man ein Ritual hätte. Wir haben viele kleine Angewohnheiten, um uns gegenseitig viel von unseren Leben zu zeigen. Für mich ist das ziemlich normal, dass man sich einander mitteilt, und zwar wichtige Ereignisse, den Alltag und völlig unwichtige Kleinigkeiten. Besonders für den letzten Punkt haben wir beide Snapchat um uns mehr oder weniger sinnfreie Bilder von unserem Essen, unseren Füßen oder einer roten Ampel zu schicken.
Worüber man nun genau kommuniziert ist völlig egal, genau so wie die Frequenz, Hauptsache beide sind damit einverstanden. Ob man nun jedes Wochenende einmal abends telefoniert oder den ganzen Tag whatsappt (das ist unsere Variante), muss jeder selbst entscheiden. Nur wenn man gar nicht miteinander redet, finde ich das fragwürdig, denn wie soll sich eine Nähe aufbauen beziehungsweise Nähe erhalten bleiben, wenn man gar nicht miteinander redet? Und dafür sollte man sich Zeit nehmen, so viel wie man will. Hauptsache, irgendwann ist Zeit. Für mich ist das allerdings nie ein Zwang, sondern etwas natürliches, was sich ganz von alleine entwickelt hat.
Liebe
Wie ich schon sagte, gibt es kein Geheimnis. Für mich geht es nie darum, irgendeine Beziehung zu haben um nicht einsam zu sein, sondern darum, eine Beziehung mit ihm zu führen. Lieber habe ich eine Beziehung mit 200km Entfernung zwischen uns als gar keine; das würde ich auch immer wieder so machen.
Erzählt mir gerne mal eure Geschichte, falls ihr selber eine Fernbeziehung führt! Tipps, Ideen, wie lange schon, wie kam es dazu? Ich will alles wissen. Lustiger weise habe ich mich bevor ich meinen Freund kennen und lieben gelernt habe so gut wie gar nicht mit Fernbeziehungen auseinander gesetzt und je mehr man sich damit auseinander setzt, desto mehr merkt man, wie viele Menschen eigentlich in einer Fernbeziehung leben und damit gut zurecht kommen . Wir sind also nicht alleine!